Prüfungsschema zur Hehlerei (§ 259 StGB): Täter erschwert den staatlichen Zugriff auf die unmittelbaren Vorteile einer fremden Vortat im eigenen oder Drittinteresse durch Ankaufen, Absetzen, etc.
Innerhalb der Anschlussdelikte (§§ 257 ff. StGB) regelt § 259 StGB die „sachliche Begünstigung“ (in Bezug auf die Beute) in eigenem Interesse oder dem eines Dritten.
Siehe hierzu die Übersicht: Anschlussdelikte §§ 257 ff. StGB.
Sache = Jeder körperliche Gegenstand
Vortat i.S.d. § 259 I StGB = „gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat“
Erlangen = Begründung der körperlichen Verfügungsgewalt über die Sache
Vollendung
Vortat muss abgeschlossen (= vollendet) sein, sprich zur Sacherlangung geführt haben („erlangt hat“); dies ist in seltenen Fällen auch bereits beim Versuch der Fall
Unmittelbarkeitskriterium / Sachidentität
Die „Ersatzhehlerei“ ist nicht strafbar: Tatobjekt muss unmittelbar aus der Vortat erlangt sein.
z.B. nicht bei: 100.000 € Beute, die in Schmuck umgewandelt wurden, der als Geschenk an eingeweihte Frau geht; nach h.M: selbst nicht bei: 100.000 € Bargeld, die auf der Bank eingezahlt wurden und in anderen Scheinen wieder ausgezahlt wurden (a.A.: noch umfasst; Wertsummengedanke)
„Ein anderer“ als der Hehler muss die Sache gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt haben.
Kann „anderer“ beim Rückerwerb vom Hehler auch wieder der Vortäter selbst sein?
h.M.: (-) Nein
(pro) Wortlaut: „anderer“; Telos: Keine neue Rechtsgutsverletzung, wenn nur der ursprüngliche rechtswidrige Zustand wiederhergestellt wird; das Herstellen desselben Zustands darf strafrechtlich nicht zweimal in Ansatz gebracht werden.
a.A.: (+) Ja
(pro) Wortlaut: Vortäter ist „anderer“ in Bezug auf die Hehlerei durch Ankauf durch den Hehler
Gemeinsamkeiten aller Tathandlungen:
Sich oder einem Dritten verschaffen = Jedes Verhalten, das die (eigene oder die eines Dritten) Übernahme tatsächlicher Verfügungsgewalt im Wege des abgeleiteten Erwerbs zu eigenen Zwecken bewirkt
Eigene Zwecke = Eigens wirtschaftliches Interesse
Abgeleiteter Erwerb = Einverständliches Zusammenwirken (z.B. nicht: Raub)
Keine unabhängige Verfügungsgewalt z.B. bei Leihe, Miete, Verwahrung, Verrichtung
Ankaufen = Unterfall des ‚Sich-Verschaffens' (daher gleiche Voraussetzungen, s.o.).
Beim Unterfall des ‚Ankaufens' wird die schuldrechtliche Einigung i.d.R. in Form eines Kaufvertrages geschlossen. Aber beachte: Lediglich das Schließen eines Kaufvertrages reicht noch nicht aus, da dieser alleine keine tatsächliche Verfügungsgewalt konstituiert.
Absetzen = Selbstständige, weisungsunabhängige rechtsgeschäftliche Übertragung im Wege entgeltlicher Verwertung
Beispiele: Verkauf, Tausch, Verpfändung, str.: Schenkung
Ist die Rückveräußerung an den Verletzten der Vortat strafbares ‚Absetzen'?
h.L.: (-) Nein, keine Strafbarkeit
(pro) Telos: Dann keine Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vermögenslage (Perpetuierungstheorie) durch Rückerlangung des Gegenstandes durch den Verletzten
Rspr.: (+) Ja, Strafbarkeit
(pro) Telos: Rechtswidrige Vermögenslage wird bei wirtschaftlicher Betrachtung dadurch aufrechterhalten, dass der Verletzte für den Gegenstand bezahlt
(con) Entscheidend für Perpetuierung ist nicht die wirtschaftliche Lage, sondern der Besitz der konkreten Sache
Absetzen helfen = Unselbstständige, weisungsabhängige Unterstützung der Absatzbemühung des Vortäters (= fremdes wirtschaftliches Interesse)
Ist für die Alternative „absetzen hilft“ ein Absatzerfolg notwendig (oder genügt irgendein Tätigwerden beim Absatz)?
e.A.: (-) Kein Absatz notwendig
Aber: Absatzbemühungen müssen im konkreten Fall geeignet sein, die rechtswidrige Lage aufrechtzuerhalten.
(pro) Historie/Wortlaut: Alte Fassung lautete „Mitwirken beim Absatz“, heute nur „absetzen hilft“
Rspr. & h.L.: (+) Absatzerfolg erforderlich
(pro) Systematik: Die Tatalternativen „verschaffen“ und „absetzen“ erfordern Absatzerfolg - gleiches sollte für die Absatzhilfe gelten, da gleiche Strafe für alle; Telos: Unrecht der Hehlerei besteht in der Begründung neuer Verfügungsgewalt, die erst bei Absatzerfolg stattfindet
Absicht (dolus directus 1. Grades) sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern.
Bereicherungsabsicht = Streben nach einem Vermögensvorteil (= Mehrung des wirtschaftlichen Wertes der Vermögenslage)
Beachte: dem Wortlaut nach („oder einen Dritten“) auch Drittbereicherungsabsicht umfasst.
Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. aller sonstigen objektiven Tatbestandsmerkmale (insb. der Tatsache, dass das Tatobjekt aus einer rechtswidrigen Vortat stammt).
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
§ 259 II StGB erklärt die Strafantragserfordernisse der § 247 und § 248a StGB für sinngemäß (gelten direkt nur für Diebstahl und Unterschlagung) anwendbar:
Haus- und Familienhehlerei
In den Fällen des § 247 (Haus- und Familienhehlerei) ist zwingend ein Strafantrag erforderlich (absolutes Antragsdelikt).
Geringwertige Sachen
In den Fällen des § 248a StGB (geringwertige Sachen) ist entweder ein Strafantrag oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung erforderlich (relatives Antragsdelikt). Entscheidend ist der objektive Verkehrswert. Bei mehreren Sachen wird der Wert addiert. Umstritten ist die (Gesamt-)Wertschwelle (BGH: 25 €; a.A. 50 €).
§ 260 StGB:
entweder § 260 I Nr. 1 StGB: Gewerbsmäßige Hehlerei
‚Gewerbsmäßig' wird definiert wie in § 243 I Nr. 3 StGB beim besonders schwerer Fall des Diebstahls (§§ 242, 243 StGB).
oder § 260 I Nr. 2 StGB: Bandenhehlerei
‚Bande' wird definiert wie in § 244 I Nr. 2 bei den Diebstahlqualifikationen (§§ 242, 244 StGB). Einziger Zusatz ist, dass die Bande sich hier zusätzlich (neben Raub und Diebstahl) auch zusätzlich zur fortgesetzten Begehung von Hehlerei zusammengeschlossen haben kann.
§ 260a StGB: Gewerbsmäßige Bandenhehlerei (= gewerbsmäßig und Bandentat)