Prüfungsschema zu § 242 StGB: Täter nimmt einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit Zueignungsabsicht weg. Wegnahme bedeutet den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams.
- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Tatobjekt: Fremde bewegliche Sache
- Tathandlung: Wegnahme
- Gewahrsam
- Bruch
- Subjektiver Tatbestand
- Zueignungsabsicht
- Objektive und subjektive Rechtswidrigkeit der Zueignung
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Strafzumessung bei besonders schweren Fällen
- Ggf. Strafantrag (§§ 247, 248a StGB)
- Qualifikation
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Rechtsgut
Eigentum
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Deliktart
Erfolgsdelikt
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Tatobjekt: Fremde bewegliche Sache
Sache = Jeder körperliche Gegenstand (vgl. § 90 BGB)
- Unabhängig vom Aggregatzustand (z.B. auch: Flüssigkeiten oder Gase)
- Nicht unkörperliche Elemente (z.B. Strom (aber § 248c StGB); Daten)
Beweglich = Kann tatsächlich fortbewegt werden
Fremd = Nicht im Alleineigentum des Täters (Sache gehört zumindest auch einem anderen) und nicht herrenlos (vgl. § 959 BGB)
Tathandlung: Wegnahme
Wegnahme = Bruch fremden Allein- oder Mitgewahrsams und Begründung neuen (nicht notwendigerweise tätereigenen) Gewahrsams
Gewahrsam
Gewahrsam = Vom natürlichen Herrschaftswillen (subj. Element) getragene tatsächliche Sachherrschaft (obj. Element) unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung (sozial-normatives Element)
Tatsächliche Sachherrschaft = Physisch-reale Einwirkungs- / Zugriffsmöglichkeit ohne Überwindung von Hindernissen
- Ursprünglicher Gewahrsam: z.B. Gegenstände im eigenen Rucksack oder in der eigenen Wohnung; Auto auf Parkplatz (räumliche Distanz unerheblich; lediglich ‚Gewahrsamslockerung‘)
Besteht Gewahrsam an verlorenen / vergessenen Sachen?
Wer kann Mitgewahrsam brechen?
Es können auch mehrere Personen Gewahrsamsinhaber sein. Fraglich ist, ob und durch wen hier ein Gewahrsamsbruch möglich ist. Es ist zu unterscheiden:
- Fall 2: Mehrstufiger (teilw. auch: unter- / übergeordneter) Mitgewahrsam
→ Nur untergeordneter kann Gewahrsam des Übergeordneten brechen (aber nicht andersherum).
z.B. Arbeitnehmer, in einem Dienstverhältnis als untergeordnete Gewahrsamsinhaber im Verhältnis zum Arbeitgeber
Aber nach e.A. nicht:
- Kassierer in kleinerem Laden → ist nur ‚Gewahrsamshüter‘ (Alleingewahrsam des Inhabers) und hat keinen Mitgewahrsam, kann so im Ergebnis aber auch Gewahrsam des Inhabers brechen.
- Eigenverantwortlich abrechnender Kassierer in größerem Laden → hat selbst Alleingewahrsam, kann so im Ergebnis also kein Gewahrsam des Inhabers brechen.
- Begründung neuen Gewahrsams: Faustformel → Neuer Gewahrsam, sobald Zugriff durch alten Gewahrsamsinhaber sozial auffällig wäre
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Keine fremde Gewahrsamssphäre (z.B. offene Straße)
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Fremde Gewahrsamssphäre (z.B. Einkaufsladen)
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Kleinere Gegenstände
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- Apprehensionstheorie
Mit Ergreifen und Festhalten
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- ≠ Apprehensionstheorie, da Ladenbesitzer jederzeit sozial unauffällig um ein Zurücklegen bitten könnte
- Grds. erst ab Verlassen des Herrschaftsbereichs des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers (z.B. Laden)
- Ausnahme: Bereits davor ab Begründung einer ‚Gewahrsamsenklave‘ (z.B. Stecken in eigenen Rucksack)
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Größere Gegenstände
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- Ablationstheorie
Mit Verlassen des Herrschaftsbereichs des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers
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Bruch
Bruch = Ohne oder gegen den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers (= kein tatbestandsausschließendes Einverständnis)
Abgrenzung (Trick-)Diebstahl § 242 StGB vs. (Sach-)Betrug § 263 StGB → in Zweipersonenkonstellationen
Ist ein durch Täuschung erwirkter Gewahrsamswechsel ein Bruch?
Beispiel: Täter fragt: „Kann ich kurz mit Ihrem Handy telefonieren?“ und rennt anschließend damit weg.
- e.A.: § 242 (Diebstahl) und § 263 (Betrug) können beide gleichzeitig verwirklicht sein (Idealkonkurrenz)
Im Beispiel: Beide Delikte erfüllt
- h.M.: Entweder § 242 oder § 263 ist erfüllt
Eine Handlung ist entweder Wegnahme oder Hingabe. Entscheidend ist Freiwilligkeit der Verfügung des Opfers:
- § 242 (Diebstahl) ist Fremdschädigungsdelikt
Der Vermögensschaden erfolgt durch eigenmächtigen Zugriff des Täters (Wegnahme).
- § 263 (Betrug) ist Selbstschädigungsdelikt
Der Vermögensschaden erfolgt unmittelbar durch Vermögensverfügung des Opfers (Hingabe)
Im Beispiel: Verfügung erfolgt freiwillig (→ spricht zunächst für Sachbetrug). Aber Vermögensschaden tritt nicht unmittelbar durch die freiwillige Übergabe des Handys ein (lediglich ‚Gewahrsamslockerung‘), sondern erst durch anschließendes Weglaufen / Einstecken des Täters (‚Bruch‘) → somit Trickdiebstahl.
Abgrenzung (Trick-)Diebstahl in mittelbarer Täterschaft § 242 vs. (Dreiecks-)Betrug § 263 → in Dreipersonenkonstellationen
Beispiel: A möchte ihrer Ex-Partnerin B eins auswischen und nach der frischen Trennung ihr Motorrad klauen. Sie klingelt – wie zuvor so oft - bei der Mutter C, die nichts von der Trennung weiß, und lässt sich von ihr erneut den Schlüssel aushändigen.
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e.A. Lagertheorie
Dem Opfer ist die Verfügung eines Dritten als eigene zuzurechnen, wenn dieser im Lager des Geschädigten (= faktisches Näheverhältnis) steht.
Im Beispiel (+) Mutter; daher Vermögensverfügung und keine Wegnahme → also Dreiecksbetrug (§ 263)
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a.A. Obj. Befugnis- /Ermächtigungstheorie
Dem Opfer ist die Verfügung eines Dritten als eigene zuzurechnen, wenn dieser tatsächlich objektiv für den konkreten Einzelfall rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes hierzu berechtigt ist.
Im Beispiel (–) Mutter; daher Wegnahme → also Trickdiebstahl (§ 242)
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a.A. Subj. Befugnis-/Ermächtigungstheorie
Dem Opfer ist die Verfügung eines Dritten als eigene zuzurechnen, wenn dieser subjektiv glaubt, nach einer gegebenen Befugnis zu handeln.
Im Beispiel (+) Mutter; daher Vermögensverfügung und keine Wegnahme → also Dreiecksbetrug (§ 263).
Subjektiver Tatbestand
Zueignungsabsicht
Die Zueignung muss sich – im Unterschied zu § 246 StGB – nicht objektiv vollziehen. Sie muss lediglich subjektiv gewollt sein.
Es handelt sich bei § 242 StGB daher um ein sog. Delikt mit ‚überschießender Innentendenz‘.
Zueignungsabsicht = Absicht, Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen = Enteignung + Aneignung
- Entscheidender Zeitpunkt der Zueignungsabsicht ist der Zeitpunkt der Wegnahme
Was ist Gegenstand der Zueignung (Substanz oder Sachwert)?
Beispiel: A nimmt B das Sparbuch weg, hebt alles Geld vom Konto ab und gibt das Sparbuch dann – wie geplant – wieder zurück.
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e.A. Substanztheorie
Gegenstand ist (nur) die Sache selbst.
Im Beispiel: Geld auf dem Sparbuch nicht erfasst.
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a.A. Sachwerttheorie
Gegenstand ist der unmittelbar in der Sache verkörperte wirtschaftliche Wert.
→ Vergleich des Wertes vor und nach der Wegnahme.
Im Beispiel: Geld auf dem Sparbuch erfasst.
(con) Systematik: Verschwimmen der Grenze zwischen Eigentumsdelikt (§ 242) und Vermögensdelikten.
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h.M. Vereinigungstheorie
Gegenstand ist die Sache selbst oder der in der Sache verkörperte Wert.
Im Beispiel: Geld auf dem Sparbuch erfasst.
Objektive und subjektive Rechtswidrigkeit der Zueignung
Die Rechtswidrigkeit der Zueignung muss auch objektiv vorliegen, sie wird jedoch häufig erst i.R.d. subjektiven Tatbestands geprüft, da erst hier klar wird, worauf sich die Zueignung genau bezieht. Wird die Rechtswidrigkeit erst hier geprüft, muss dennoch weiterhin in ihre objektive und subjektive Komponente unterschieden werden.
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Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung: Der materiellen Eigentumsordnung widersprechend und nicht durch einen fälligen und einredefreien Übereignungsanspruch gedeckt.
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Subjektive Rechtswidrigkeit der Zueignung: Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. der Rechtswidrigkeit der Zueignung.
Irrige Vorstellung eines Anspruchs ist nach h.M. Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB (a.A.: Verbotsirrtum gem. § 17 StGB).
Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Strafzumessung bei besonders schweren Fällen
Siehe das Schema Besonders schwerer Fall des Diebstahls (§§ 242, 243 StGB)
Ggf. Strafantrag (§§ 247, 248a StGB)
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Haus- und Familiendiebstahl
In den Fällen des § 247 (Haus- und Familiendiebstahl) ist zwingend ein Strafantrag erforderlich (absolutes Antragsdelikt).
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Geringwertige Sache
In den Fällen des § 248a StGB (geringwertige Sachen) ist entweder ein Strafantrag oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung erforderlich (relatives Antragsdelikt). Entscheidend ist der objektive Verkehrswert. Bei mehreren Sachen wird der Wert addiert. Umstritten ist die (Gesamt-)Wertschwelle (BGH: 25 €; a.A. 50 €).
Qualifikation
Ist die Qualifikation erfüllt, empfiehlt es sich, die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes zu prüfen.
Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich eine getrennte Prüfung.